Main-Spitze 06.05.2016
Immer wenn die Raabekazze an der Krieger Gedächtnis Kapelle feiern, haben sie etwas vor. Etwas Aufwendiges und Teures. Erst waren es die Renovierungsabschnitte an der Kapelle, jetzt bot der 350. Verlobte Tag im August, an dem ein neues Denkmal eingeweiht werden soll, den Anlass, mit einem Gottesdienst und einem weltlichen Fest Christi Himmelfahrt hoch über den Flörsheimer Weinbergen zu feiern. Der Erlös ist für die geplante Gedenkstätte nahe dem Berliner Brunnen am Konrad-Adenauer-Ufer bestimmt.
Glöckchen läutet zwei Mal
Fein läutete das Glöckchen der Kapelle, einmal, als Pfarrer Sascha Jung, die Raabekazze, Ministranten und die Gläubigen in einer Prozession den Berg hochzogen, ein zweites Mal, als zum Gottesdienst auf der Wiese hinter der Kapelle gerufen wurde. Jugendliche würden es so ausdrücken, meinte Jung: „Boah, ist das abgefahren.“
An Christi Himmelfahrt dem Himmel so nah wie am Kirchlein den Gottesdienst zu feiern, das sei in der Tat abgefahren. Die Kriegergedächtniskapelle steht so proper da wie eine Eins, dafür haben die Raabekazze gesorgt. Als Kultur- und Brauchtumsverein mit nur 17 Mitgliedern kümmern sie sich einerseits um die Vergangenheit, sehen sich aber auch der Gegenwart verpflichtet, indem sie soziokulturell wirken. Den Spaß bei der Fastnacht halten sie hoch.
Vor 350 Jahren, als der damalige Pfarrer Münch den Verlobten Tag aufgrund eines Versprechens ins Leben rief, bedrohte die Pest Flörsheim. So lange Stein auf Stein in Flörsheim stehe, werde man in jedem Jahr eine Gedenkprozession abhalten, sofern man von der Pest verschont bliebe. 200 von 700 Menschen waren da schon dahingerafft worden. „Stein auf Stein“ soll daher auch die Gedenkstätte heißen, die die Raabekazze in Kooperation mit der Stadt, Vereinen, Institutionen und vielen Helfern bauen wollen. Kein ganz billiges Unterfangen. Auch die Renovierung der Kapelle geht auf das Konto der Raabekazze. „Es ist ein mittlerer fünfstelliger Betrag“, sagte Dieter Stolz, „den der acht Meter hohe Obelisk kostet, ein sehr umfangreiches wie markantes Projekt“.
Thematisiert werden sollen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, passend auch zum Handeln der Raabekazze. Neubürger durch Feste integrieren, das Brauchtum und die Kultur fördern, soziale Projekte anstoßen und die Huldigung an die Straßenfastnacht, das alles gehört zu den Aktivitäten im Jahresverlauf. Die Gedenkstätte nun ist das bisher weitaus größte Projekt. In den nächsten drei Wochen etwa soll der symbolische Spatenstich dafür erfolgen, damit am Verlobten Tag die Einweihung (28. August) gefeiert werden kann.
„Mit Flörsheim verwurzelt“
„Wir sind mit Flörsheim sehr verwurzelt, die meisten sind hier geboren, und wir wollen etwas Nachhaltiges schaffen“, erläuterte Stolz die Motive der Raabekazze. „Wie oft bekommt man im Leben eine solche Chance?“, stellt er die rhetorische Frage. Dann ging’s ans Feiern – mit dem Musikverein, dem Flörsheimer Amateurtheater, vielen Helfern und noch mehr Gästen, dem Himmel so nah.